Heinz Hermann Thiele

Wenn Bremsen die Region vorwärts bringen

Heinz Hermann Thiele, Chef der Knorr-Bremse AG, erhält für Engagement in Aldersbach den Ehrenring des Landkreises

Von Stefan Dorner

Neuburg am Inn. Was einst als „verlängerte Werkbank" für die Produktion begann steht heute als eigenständiger Vorzeigebetrieb da, der wegen seiner Wirtschaftskraft aus Aldersbach und dem Landkreis Passau nicht mehr wegzudenken ist. 1980 entschied sich Heinz Hermann Thiele, Vorstandschef der Münchner Knorr Bremse AG, für den Standort in Niederbayern. Er hat dort einen Betrieb aufgebaut, in dem aktuell 1000 Menschen Arbeit finden und jährlich 650 Millionen Euro erwirtschaftet werden. Für sein klares Bekenntnis zur Region hat der 65-Jährige am Freitagabend auf der Neuburg den Goldenen Ehrenring erhalten. Klein ist der Kreis der „Herren und Damen der Ringe". Deshalb stellte Landrat Hanns Dorfner auch heraus, „dass dies nicht alle Tage passiert". Thiele ist der 25., der sich den Ehrenring seit der Einführung 1985 anstecken kann. Er ist auf 15 lebende Personen beschränkt, momentan haben ihn 13.

Vom Sanierungsfall zum Marktführer

Die Verdienste, die mit dem Ring gewürdigt werden, liegen auf unterschiedlichen Gebieten: Politik, Wirtschaft, Kultur, Bildung oder Soziales. „Nun zeichnet der Landkreis einen hochrangigen Wirtschaftsmanager aus", stellte Dorfner vor den 100 Gästen fest. „Wir ehren eine entschlossene und zupackende Unternehmer-Persönlichkeit, der Zögern und Zaudern fremd sind, und die sich besondere Verdienste um den Landkreis erworben hat." Und das, obwohl Thiele kein Kind der Region ist. Der Geschäftsmann aus München ist ein auf internationalem Parkett agierender Chef eines Betriebs, der unter seiner Regie von Sanierungsfall zum Marktführer von Bremssystemen für Schienen- und Nutzfahrzeuge aufgestiegen ist. Ein Zuwachs von 14 Prozent im Geschäftsjahr 2006 steigerte den Umsatz der AG auf 3,1 Milliarden Euro.

„Unter dem Druck der Wirtschaftlichkeit" sah sich der damalige Geschäftsführer Thiele Anfang der 80er gezwungen, Arbeitsprozesse vom teuren München ins günstige Niederbayern zu verlagern, um die Firma auf dem umkämpften Weltmarkt über Wasser halten zu können. „Doch wir haben uns von Anfang an gut vertragen", richtete Thiele Dankesworte an die Gemeinde und den Landkreis, die ihn bei Genehmigungen des mittlerweile um das 15-Fache auf 42 000 Quadratmeter angewachsenen Betriebes unkompliziert unterstützt hätten. „Von Münchner Verhältnissen ausgehend, dachten wir anfangs, wir sind im falschen Film. Hier geht alles zügig voran, weil erkannt wird, um was es geht."

Trotzdem gebe es in Osteuropa Standorte, die weit günstiger wären als Aldersbach. „Unter dem Kostendruck gesehen, wäre es besser gewesen, nach Tschechien zu gehen", gab Thiele in seiner interessanten Rede zu bedenken. „Doch um das allein geht es nicht. Entscheidend ist, dass man engagierte, motivierte und fähige Mitarbeiter hat. Das haben wir hier − und den Niederbayern kann man auch einiges zumuten", stellte er süffisant fest und spielte auf den Drei-Schicht-Betrieb an, in dem 13 000 Bremsen pro Tag gefertigt werden. „Daraus ist für mich eine besondere Verbindung zu Aldersbach entstanden, unter den 60 Standorten, die wir weltweit haben."

Dass Thiele tatsächlich Gefallen gefunden hat an Aldersbach, „an diesem besonders schönen Fleckchen", zeigt sich auch in seinem Engagement im caritativen, sozialen und kulturellen Bereich. Sein Unternehmen ist ein steter Förderer von Schulen und Kindergärten, sponserte die neue Orgel in der Asam-Kirche und unterstützt die Festspiele „Europäische Wochen" in Passau. Das stellten Dorfner und der Aldersbacher Bürgermeister Franz Schwarz als „unverzichtbar und vorbildhaft" heraus.Nur zweimal pro Jahr schaffe er es bislang nach Aldersbach, gestand Thiele − obwohl ihm dort mit dem Hofgut Eck, das zu einem modernen Schulungszentrum umgebaut wurde, eine schöne Bleibe zur Verfügung stünde. Als frisch gebackener Ehrenring-Träger sieht er sich durchaus verpflichtet, jetzt öfter in Niederbayern vorbei zu schauen. „Noch dazu, weil die Entscheidung ja ein einstimmiger Beschluss des Kreistags und wohl kein hart umkämpfter politischer Kompromiss war." Im April Wechsel in den Aufsichtsrat
Künftig dürften sich zeitlich dafür sicher auch mehr Spielräume ergeben. Thiele übergibt im April den Vorstandsvorsitz nach 20 Jahren an Raimund Klinkner. Angefangen hat Thiele bei Knorr 1969 als juristischer Sachbearbeiter, von dort arbeitete er sich an die Spitze und bis zum Mehrheitsgesellschafter hoch. Er wechselt nun in den Aufsichtsrat und wird von dort aus sicher auch ein Auge darauf werfen, wie sich die einstige „verlängerte Werkbank" in Aldersbach entwickelt.

BILDTEXT: „Ehrungen, das ist, wenn die Gerechtigkeit ihren liebenswürdigen Tag hat", sagte Landrat Hanns Dorfner (links) und zitierte damit Alt-Bundeskanzler Konrad Adenauer. Anschließend steckte er Heinz Hermann Thiele den Goldenen Ehrenring an − die höchste Auszeichnung des Landkreises Passau. (Foto: Jäger)